Die Valkee-Story (1)

Aktenkundig wurde die Valkee-Story erstmals im September 2006, als der Elektroingenieur Antti Aunio und sein Freund, der Tierphysiologe Juuso Nissilä, in Finnland einen Patentantrag stellten.1 Es ging um ein Gerät mit 2 in die Ohren leuchtenden LEDs, die über Kabel an einem Akku mit Zeitschaltuhr und Dimmer hingen. Die Idee zu der Ohrleuchte entstand laut Nissilä ”über einer Tasse Tee” im Winter 2005/06, der Prototyp des Geräts sei dann innerhalb von Wochen fertig gewesen.2,3 Der Widerspruch zur Firmenwerbung, das Gerät beruhe auf wissenschaftlicher Forschung, sollte Valkee später noch zu schaffen machen.

Das finnische Patentamt lehnte den Antrag ab, wie auch weitere Versuche in den Folgejahren.4 Die Idee der Stimmungsbeeinflussung mit Ohrlicht war nicht neu, einige ähnliche Geräte waren bereits zuvor beschrieben.5 Erst 2011, nach mehr als vier Jahren, gelang es Valkee, ein eng begrenztes Patent zu erhalten – für das Ohrlichtgerät in seiner exakten Form (vgl. Geschmacksmuster).6 Die Finnen hatten also nicht die Ohrlichttherapie erfunden, sondern eine bestimmte Ohrleuchte gebaut.

Die Firma Valkee Oy wurde im Frühjahr 2007 gegründet, um das Gerät zum Markt zu ”entwickeln” (zum Verkauf zu führen).7 Die Idee: Valkee hebt sich von anderen Verfahren der Alternativmedizin durch die Existenz wissenschaftlicher Forschung ab. Wann und wie die Universität Oulu ins Spiel kam, darüber machen alle Beteiligten abweichende Angaben. Valkees offizielle Version ist jedenfalls, dass das Ohrlicht Begeisterung hervorrief, als die Erfinder mit der Uni Kontakt aufnahmen. Ein ganzes Forschungsprojekt sei daraufhin gestartet worden, mit Wissenschaftlern verschiedenster Disziplinen und hunderten Patienten.8

Die Realität dürfte profaner sein: Auf der Suche nach Drittmitteln akzeptierte die Universität Oulu die Firma Valkee als Sponsor, woraufhin die Ohrleuchtenbauer Räume und Ressourcen der Uni nutzen durften. Am wichtigsten war jedoch der Name der Universität, der dem Gerät den Anschein von seriöser Forschung gab. Das Resultat des Programms blieb bis 2014 dann auch mager, mit einer Handvoll Artikel, die bis auf einen umstrittenen nichts mit der Ohrleuchte zu tun haben.9-14

Die behördliche Zulassung als medizinisches Gerät war eine Formsache. In Europa zeigten die Skandale um mangelhafte Brustimplantate und defekte Hüftprothesen, wie einfach so ein Zertifikat zu bekommen war.17,18 Valkee erhielt es mit nachgewiesener Produktsicherheit und Produktionsqualität, aber ohne Prüfung auf Wirksamkeit. Das geht aus den Zuständigkeiten der Prüfer und dem Zertifikat hervor, das bis zur Martkeinführung der Valkee-2 Version auf der Firmenwebsite zu finden war.19,20 Die Ohrleuchte war ausreichend ”getestet” – weniger als manche Zahnpasta.

Ohne eine einzige wissenschaftliche Publikation zum Thema, ohne dass irgendjemand sonst außer den Firmenmitarbeitern je daran ”geforscht” hätte, wurde Valkees Ohrleuchte im Spätherbst 2010 am Markt eingeführt.

 

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